Hospizbewegung Gmunden
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Ich bin bei dir
Ich, Evelin Schimpl, bin 1962 geboren.
Im August 1992 kam unser Wunschsohn, Florian auf die Welt.
Florian ist ein liebenswertes, gesundes und mein über alles geliebtes Kind! In der Jugend wurde Florian krank. Mehrere psychische Erkrankungen wurden diagnostiziert. Florian und ich beschritten diesen schwierigen Weg gemeinsam. Aufenthalte im Krankenhaus und der Psychiatrie folgten. Fachärzte, Reha, Medikamente und Gesprächstherapien – alles zusammen hat leider zu keinem dauerhaften Erfolg geführt.
Zitat von Florian, veröffentlicht in der Zeitschrift "Kupfermuckn" im September 2019: "Psychische Erkrankungen machen mir das Leben schwer. Ich leide seit meiner frühen Kindheit unter mehreren psychischen Erkrankungen. Ich leide unter mittelstarken chronischen Depressionen, darüber hinaus leide ich an einer Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ. Meine halbe Jugend verbrachte ich in unzähligen Krankenhäusern und Psychiatrien. Ich habe immer meine Familie hinter mir, die mich – so gut es geht – in allen Lebensabschnitten begleitet hat. Sie hat mich auch nie fallen gelassen. Durch diese Stütze wurde alles leichter. Doch jedes Mal, wenn mit mir etwas nicht stimmt, ist meine Mutter zur Stelle und ruft mich an, als würde sie es spüren, dass etwas nicht stimmt. Ich bin meiner Mutter unsagbar dankbar. Sie hat mich nie im Stich gelassen, nicht einmal, als sie von meiner Drogensucht gehört hat. Ich mache mir große Vorwürfe, da ich meine Mutter mit meinem Verhalten in eine Depression gestürzt habe, sie oft zum Weinen brachte und mich ihr gegenüber nie wie ein Sohn verhielt, sondern ihr nur Kummer und Leid bescherte. Ich weiß nicht, wie ich ihr all die Dankbarkeit zeigen kann, die ich empfinde. Danke liebe Mutter!"
Leider hat Florian diesen selbstverfassten Bericht nicht mehr lesen können. Ich habe ihm sein eigenes Zitat am Grabe vorgelesen. Ich bin sehr stolz auf ihn und seine lieben, wertschätzenden Worte!
Sein warmherziges Wesen zeichnete ihn aus im Leben, seine große Hilfsbereitschaft und Ehrlichkeit. Er war immer da, auch wenn es ihm nicht besonders gut ging. Immer war er respektvoll und zuvorkommend im Umgang mit seinen Mitmenschen.
Am 05. August 2019 ist meine Welt zusammengebrochen. Gott hat meinen Sohn zu sich geholt! Genau das ist eingetreten, womit ich mich innerlich schon so oft auseinandergesetzt habe. Einige Nächte, bevor mein Sohn starb, waren meine Gedanken immer bei ihm. Ich habe kaum Schlaf gefunden in jenen unruhigen Nächten. Dann - die unendlich schmerzhafte, traurige Gewissheit - Florian war tot. Ich hatte so eine Vorahnung, bedingt durch die Krankheit, dass so etwas passieren würde, dass er vorausgehen könnte, aber doch nicht mit 27 Jahren!
Seither ist nichts mehr, wie es war. Es vergeht kein Tag, keine Nacht, wo ich nicht mit meinen Gedanken und mit meinem Herzen bei meinem Sohn bin. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an seiner Ruhestätte bin. Ich weiß ganz genau, dass er, wo immer er auch sein mag, meine Nähe fühlen kann. An seinem Grab bin ich besonders verbunden mit ihm. Es tut mir so gut, wenn ich ihm in Liebe sein "Bettchen" mit Blumen aus dem Garten schmücken darf.
Liebevoll sagte er immer wieder: "Mam mach dir keine Sorgen!" "Mam ich pfleg´ dich einmal, wenn du Pflege brauchst." Aber es ist anders gekommen. Ich weiß oft nicht, wie ich diesen Schmerz aushalten soll. Florian bitte ich in solchen Momenten, dass er mir Kraft dazu gibt, den Schmerz in meinem Herzen auszuhalten. Mein Sohn ist jetzt näher bei mir, als je zuvor. Mein GLAUBE gibt mir die Gewissheit, dass es Florian jetzt gut geht. Meine LIEBE zu ihm ist noch stärker geworden. Er wird immer in meinem Herzen sein.
Die HOFFNUNG, dass ich ihn wiedersehen werde, gibt mir die nötige Kraft für den Alltag.
Florian fehlt mir sehr!
Durch Gesprächstherapie bin ich gut aufgefangen und lerne mit meiner Trauer umzugehen. Das Leben, wie es war, wird es nicht mehr geben. Ich darf ein völlig verändertes - aber unbedingt lebenswertes Leben - neu beschreiten.
Evelin Schimpl