Hospizbewegung Gmunden
4810 Gmunden
Büro: Mi. und Do. 9 – 12 Uhr
Telefon: 0664/5145471
E-Mail: office@hospiz-gmunden.at
Was kann FREIHEIT für eine/n Palliativpatient/in bedeuten?
Ideen und Texte von DGKP Barbara Heidinger (Palliativstation Vöcklabruck) und DGKP Karin Zwirzitz MSc (Hospizbewegung Gmunden).
Freiheit bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, aus eigenem Willen Entscheidungen zu treffen. SO SEIN DÜRFEN, WIE MAN IST – mit allen Ecken und Kanten, sich nicht verstellen müssen. Zu leben mit den guten Seiten, aber auch mit Zorn und Wut und diese nicht verstecken zu müssen. Frei sein von Zwang oder Last empfundenem Zustand, aber auch sich in seinen Entscheidungen nicht eingeschränkt fühlen.
ES HÖRT MIR JEMAND WERTSCHÄTZEND ZU – achtend, beachtend und anerkennend zuhören bedeutet gleichzeitig ein zurücknehmen des Zuhörers und nicht mit lösungsorientierten Vorschlägen oder wertend zu antworten. Durch WAHRHAFTIGE, EHRLICHE GESPRÄCHE mit Offenheit und Transparenz kann VERTRAUEN geschaffen werden. Definitiv sich verlassen können auf die Ehrlichkeit des Gegenübers, als unabhängiger, selbstbestimmter Mensch.
AUTONOMIE - gehört wie Fürsorge, Nichtschaden und Gerechtigkeit zu den vier ´Biomedical Ethic Prinziples´ (seit 1987), die von Beauchamp und Childress auf eine Vielzahl von konkreten Fragestellungen und Problemen ihre Anwendung gefunden haben. Autonomie bezeichnet verschiedenen Eigenschaften, die Selbstständigkeit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmungsrecht beinhalten. SELBSTBESTIMMT sein BIS ZULETZT – das wünschen wir uns wohl alle und besonders als mehr oder weniger ´verlusterfahrenen´ Palliativpatienten/in.
´NEIN´ SAGEN DÜRFEN ZU PFLEGERISCHEN HANDLUNGEN – alle körperbezogenen pflegerischen Maßnahmen die diese beinhalten und in der Grundpflege definiert sind, auch Ernährung und Mobilisation sind hier gemeint. Ein ´nein sagen´ zu akzeptieren, auch wenn diese Handlungen die Selbstständigkeit fördern würden. INDIVIDUALITÄT – Besonderheit und Wesensart, Naturell und Eigenart, Ausdruck der eigenen Persönlichkeit leben zu dürfen, kann und darf Freiheit sein für unheilbar erkrankte Menschen.
SICH BEGLEITET WISSEN – durch ein interdisziplinäres Team. Bereichsübergreifend durch die Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen, um deren Denkweise, Ideen und Angebote einzubringen und diese zu nutzen, mit dem Ziel, wertschätzende, adäquate WEGBEGLEITER zu haben. Der/die Palliativpatient/in soll - SICH NICHT ALLEINE FÜHLEN - im Sinne von alleingelassen werden, verlassen sein.
Eine - GUTE, EFFIZIENTE SCHMERZTHERAPIE - bekommen. Einwandfrei und ausreichend, ideal angepasst, verträglich und individuell ´zugeschnitten´ mit größtmöglicher Sicherheit für den Patienten durch Evaluierung. Geeignet und wirkungsvoll beziehungsweise nutzbringend, um zum Beispiel: Mobilität wiederzuerlangen und Körperpflege selbst durchzuführen, oder einfach nur einmal eine entspannte Stunde bewusst ohne Schmerz leben zu können. Schmerztherapie fasst alle lindernden Maßnahmen zusammen, die eine Verminderung von Schmerzen bewirken soll. Dies alles bedeutet Freiheit. Die ´Schmerztherapie´ darf sich deshalb nicht nur auf physischer, sondern bedarfsweise auch auf psychischer und oder geistiger Ebene orientieren und bewegen.
AUF DER TERRASSE IN DER SONNE SITZEN – um sich auf einem offenen Platz einen Aufenthalt im Freien zu gönnen an der frischen Luft die Sonne zu genießen. Die Freiheit zu spüren, durch die Helligkeit und Kraft der Sonne, die einzigartige Dynamik und Wärme, die einen Menschen zu durchfluten imstande ist. Vielleicht kann ein geplantes GESPRÄCH GEMEINSAM MIT ARZT, PATIENT/IN, AN UND ZUGEHÖRIGE in solcher Atmosphäre konstruktiver gestaltet werden?
Freiheit kann aber auch bedeuten MEHR BESUCHE, ALS NUR EINE PERSON, ZU BEKOMMEN (nach Arztabsprache) Selbstbestimmt entscheiden zu können, dass sich zwei oder mehrere Personen gleichzeitig bei der/dem Schwerkranken aufhalten dürfen, bedeutet in Anbetracht der geltenden Coronabestimmungen eine mehrfache Herausforderung. Von verschiedenen Standpunkten aus gesehen wird dieser Umstand für alle Beteiligten eine multidimensionale Entscheidungsfindung darstellen.
ALLES GEREGELT ZU HABEN – frei zu sein für das Leben, dass noch bleibt. Die verbleibende Zeit in möglichst guter Lebensqualität, nicht nur zu verbringen, sondern wahrhaft leben zu können. Durch eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht SICHERHEIT SPÜREN. Sich zu befreien von verschiedenen weltlichen Dingen, um letztendlich in Freiheit da zu sein, um mit allen Sinne fühlen zu können. Die eigene Geschichte lieben und das Leben annehmen – das ist der Weg, die wahre Freiheit.
Gemeinsame ärztliche - patientenorientierte ENTSCHEIDUNG, WANN mit PALLIATIVER SEDIERUNG gestartet wird. Zum Beispiel nur nachts oder auch Tag und Nacht, um eine schwere Symptomenlast im Schlaf als Linderung erfahren zu dürfen. In vollkommener Ruhe Freiheit zu erleben, an nichts zu denken, eine Pause für unaushaltbares Aushalten zu schaffen, träumen vom Leben oder auch vom Sterben. Freiheit kann all diese angeführten Punkte bedeuten und beinhalten, aber bestimmt auch das Ziel IN WÜRDE STERBEN ZU KÖNNEN.
FREIHEIT
DIE FREIHEIT EINES VOGELS SPÜREN
WENN HOFFNUNG IN MIR UND MEINEN MITMENSCHEN WÄCHST
DIE FREIHEIT EINES VOGELS SPÜREN
WENN ES STILL WIRD IN MIR
WÄHREND LAUTES GETRIEBE UM MIR IST
DIE FREIHEIT EINES VOGELS SPÜREN
WENN ICH DIE REALITÄT ANNEHME
UND DABEI DAS TRÄUMEN NICHT VERGESSE
DIE FREIHEIT EINES VOGELS SPÜREN
WENN ICH LIEBE GEBEN UND ANNEHMEN KANN
DIE FREIHEIT EINES VOGELS SPÜREN
WENN ICH MEIN ICH NICHT IN DEN VORDERGRUND STELLE
UND ICH MEINE VERLETZBARKEIT ZULASSE
DIE FREIHEIT EINES VOGELS SPÜREN
WEIL ES MENSCHEN GIBT; DIE MIR RASTPLATZ UND WEGWEISER SIND
(Barbara Haidinger, 2010).
Zeitschrift LW Ausgabe 1/2021